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Legende
La Mina: Das Viertel in dem ich lebe und arbeite
CCG: Centro Cultural Gitano de La Mina - Kulturzentrum urspruenglich andalusischer Gitanos in La Mina
Culto: Evangelische Pentecost-Kirche mit hohem Gitanoanteil
Paco Moreno (alle Namen geändert): Praesident des CCG und Flamencopurist
Janko Moreno: Bruder von Paco, Barbesitzer, Flamenco-Fusionist
Kiko: Ein alter Gitano und wichtiger Gesprächspartner
Mateo: Gewährsmann im Culto, Mentor


payo/paya: Nicht-Gitano / Nicht-Gitana, emic-Begriff
quinquillero_a: Nomad_in, der/die wie ein Gitano lebt aber ethnisch keine_r ist, auch emic
mestizo_a: Jemand, der genetisch 50/50 Gitano/Payo ist

Donnerstag, 10. Mai 2012

Die kleine Th_er_ese entwickelt sich prächtig

Ja, und jetzt wächst es, glaube ich – die Englischklasse steht, beginnt nächste Woche, auf der Straße werde ich bereits von einer beachtlichen Zahl von Leuten beachtlich gut empfangen, es gibt viel Interaktion und viel zu Reden, ganz natürlich über Sachen die anstehen und Sachen die nicht anstehen. Auch viel Schmäh, von dem ich noch nicht viel versteh. Aber ich glaube, keiner auf meine Kosten, bis jetzt. Hoffe ich.
Leben und leben lassen: wie obsolet, wie weit weg mir da das Suchen von Interviewpartnern und Interviewleitfäden, Konzepte, Ergebniszwang erscheinen! Ich habe einfach nur eine soziale ROLLE eingenommen, die hier gut zu funktionieren scheint und den sozialen Raum im Hinblick auf mein Thema ganz gut abdeckt, und mehr brauche ich vorerst nicht - kein Konzept, keine Fragestellung, kein "reinfragen"... die EZA- und Inklusionsgeschichte kommt erst spaeter dran bzw. darf sich frei entwickeln wenn sie will. Da freut sich die Th_er_ese.

So lukriere ich spontan auf der Straße Schüler für den Kurs, bestaune die massig vorhandenen kulturellen Artefakte der Gitanos, die sie Kraft ihrer starken kulturellen Identität auch stark pflegen, in materieller als auch immatiereller Form, und fahre und frage das Viertel ab auf der Suche nach einer Mietwohnung (von der Idee, in irgendeinem hippen Viertel in Barcelona leben zu wollen, habe ich mich verabschiedet, im Feld muss ich sein, ist doch klar).

Bin gestern aus dem Hostel ausgezogen, auf die Straße – eine eher irrationale, intuitive Entscheidung, die sich als gut herausgestellt hat: Die Sekretärin des Kulturzentrums (paya) hat mich soeben zu ihrer Familie eingeladen, bis ich eine Wohnung hab, sie will nicht dass ich auf der Straße leben muss .... ich hab das NICHT so kalkuliert, ok?! Ich hab einfach nur meine Sachen im Kulturzentrum untergebracht, und mit keiner Silbe Bedürftigkeit kommuniziert. Es war eine Überraschung, eine weitere spannende Wendung im Leben meiner kleinen Th_er_ese.

Literatur ist aber schon auch ein Thema, in der Form dass der Anspruch, "endlich was zu lesen", immer da ist, aber zur Zeit eben nicht erfuellt werden kann. Wenn ich eine Wohnung habe, mich niedergelassen habe, etwas beruhige vielleicht, dann aber wirklich: Ethnographische Literatur ueber La Mina, Ethnopsychoanalyse (v.a. Erdheim und Devereux), Ethnopoesie (Leiris).

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